Zusammenfassung: Dieser Artikel beschreibt eine Vision für Content, der sich lohnt.
1. Lust und Liebe an der Sprache. Sag nicht nur Nützliches, mache das Lesen zum Erlebnis.
2. Commitment. Entscheide dich, sichtbar zu sein.
3. Frag nicht um Erlaubnis. Nimm dir dein Rederecht.
4. Schatten und Sinnlosigkeit. Akzeptiere die Mühe an der Kommunikation und integriere sie.
5. Schreibe deinen eigenen Beitrag: Was braucht digitale Kommunikation in 2019?
Proppevoll
Noch 11 Monate liegen vor uns. 482400 Minuten, von denen einige mit dem Smartphone in der Hand oder vor dem Laptop verbracht werden. Scrollend. Happy, wenn unter gefühlt 325879 Beiträgen mal einer wirklich lohnend ist. Yeah.
Anna Koschinski, Bloggerin, sagt es in ihrem aktuellen Artikel: Wir brauchen nicht noch mehr Texte, die sich an Regeln halten. Es gibt kein richtiges Bloggen! Trau dich was!Wir sind proppevoll von Content. Ich bin proppevoll, du bist proppevoll, alle sind es. So hat es die Bloggerin Svenja Walter treffend zusammengefasst. Und gleich ihre besten Tipps für Content hinzugefügt, um es 2019 anders zu machen. Lohnt sich zu lesen! (Hier findest du ihren Beitrag auf LinkedIn)
Ich nehme den Faden auf – danke, liebe Svenja und liebe Anna – und schreibe einen Wunschzettel. Was wäre mein Content-Traumjahr 2019? Wovon möchte ich mehr sehen in meiner digitalen Welt?
1. Mehr Liebe, mehr Lust!
Menschen sind unterschiedlich, Geschmäcker auch. Ich persönlich hätte gern mehr Beiträge, bei denen ich die Lust an der Sprache spüre. Das ist für mich die Grundlage, die Lust, sich mitzuteilen. Das Gefühl: Da hat jemand richtig Freude gehabt am Schreiben! Oh, dieses Video, das war Fun!
Wobei Lust tiefer geht als Fun. Wenn ich mit Lust an der Sprache kommuniziere, dann haben die Wörter einen eigenen Wert. Dann schreibe ich so, wie ich ein herrliches Dessert zubereite. Es geht nicht darum, satt zu werden. Es geht um mehr, als dass es schmeckt. Es ist einfach eine Freude, ein Genuss. Es hat seinen Sinn in sich selbst.
Blogartikel, so lustvoll geschrieben, dass ich gar nicht mehr nach ihrem “Nutzen” frage. Wo ich keine 3 Tipps am Ende brauche, damit es sich gelohnt hat.
Videos, die schon mal schön anzusehen sind. Wo jemand es offensichtlich geniesst, mit der Kamera zu arbeiten. Die so lebendig gesprochen sind, dass ich nicht nach 10 Sekunden nervös und hibbelig werde, weil ich mich frage, was zum Kuckuck sie mir denn jetzt sagen will. Weil alles, wofür sich dieses Video noch lohnen könnte, ein guter Gedanke ist.
Sei doch einfach selbst das ein Erlebnis.
Make Love not Value. Mehr Liebe zur Sprache!
Dieses elende “einen Nutzen Bieten” geht mir auf den Keks. Als ob alles immer einen Nutzen haben müsste! Am Ende denken wir noch, auch wir müssten einen Nutzen haben, um existieren zu können. Meine Güte!
Kalkül in der Kommunikation habe ich in meinem letzten Artikel ausführlicher thematisiert. Wenn wir das zulassen und unsere Sprache nur noch dem Nutzen unterwerfen, verliert sie ihre Freiheit. Wir selbst verlieren unsere Freiheit. Wir selbst verzwecken uns.
Suche sie immer wieder, die reine Lust. Die reine Freude. Deine eigene, pulsierende, lebendige Sprache. Lass sie kribbeln und dich pieksen, experimentiere mit ihr, mit Rhythmus und Satzlängen und Brüchen. Einfach allem, was die Sprache hergibt.
Zelebriere es zu schreiben. Geniesse es zu reden. Verliere dich in den Worten und vergiss in deinem schöpferischen Prozess, wozu das gut sein könnte.
Mein Wunsch: Schenke mir Blogartikel, die sich einfach toll lesen. Bitte! Und wenn du mir unbedingt die 3 besten Tipps für irgendwas geben willst, ok. Aber schreib, als ob es um dein Leben, deine Seele geht!
2. Commitment
Das allerwichtigste. Bekenne dich dazu, gesehen und gehört werden zu wollen.
Entscheide dich dafür, deine Worte mit der Welt zu teilen. Commitment, das ist Selbstverpflichtung, Verantwortung, Verbindlichkeit. Wie? Es gibt tausend Wege, das Wie ist nicht wichtig.
Vielleicht hilft es dir, wenn du dein Warum klarer hast. Warum du das alles überhaupt machst. Dann tu das.
Vielleicht hilft es dir – wie mir – dich einfach prinzipiell dazu zu verpflichten, täglich sichtbar zu werden. 2 Blogartikel wöchentlich, 2-3 Lives pro Woche. Lege deinen Standard fest an dich selbst.
Vielleicht hilft dir ein Ritual, immer beim Morgenkaffee schreibe ich einen Post für heute.
Vielleicht hilft dir dein Ziel, das du erreichen willst. Committe dich dazu.
Oder deine Adressaten. Die Menschen, für die du es machst.
Es ist wirklich egal, WIE du zu deinem Commitment kommst. Achte nicht auf das Wie, lass dich nicht davon ablenken.
Mache es zu einer unverhandelbaren Angelegenheit. Und dann schreibe und rede so, von diesem Gefühl her: Ich habe mich dazu verpflichtet. Also tue ich es.
3. Frag nicht um Erlaubnis
Ich bin mit 2 älteren und 2 jüngeren Geschwistern aufgewachsen. 2 ältere Brüder! Es war nicht leicht, Aufmerksamkeit zu bekommen, das kann ich dir sagen! Es gibt da eine Geschichte über mich, wie ich wohl im Alter von 3 oder 4 Jahren eines Tages am Küchentisch, meine Brüder waren am Reden und Plappern, durcheinander und laut – da stampfte ich auf, mit meinen Fäustchen auf den Tisch, hatte meinen typischen Wutausdruck und rief: ICH WILL JETZT AUCH MAL WAS SAGEN!!!
Das hat funktioniert.
Ich will in dir dieses Aufstampfen wecken. Denn vermutlich gehörst du zu den eher leisen Menschen, zurückhaltenden, höflichen – ja, so sind unsere Leser eben! – und du lässt sich leicht einschüchtern. Du glaubst, erst noch ganz viel lernen zu müssen. All die Regeln. Innerlich fragst du quasi ständig um Erlaubnis. Streckst ganz vorsichtig deinen Arm in die Höhe, in der letzten Reihe der Klasse, der Lehrer beachtet dich nicht, hat zu tun, und du kommst nicht dran.
Also sitzt du da, Arm oben. Nichts passiert.
Irgendwann nimmst du ihn runter.
Und wirst noch braver, folgst noch mehr dem Lehrer. In der Hoffnung, dass er dich dann bemerkt. Du passt dich an, bevor du überhaupt deine eigene Stimme mal so richtig laut gehört hast.
Das hier ist für die, deren öffentliche Kommunikation noch klein ist, unsicher, am Anfang. Die sich abschrecken lassen durch die Massen an Content und auf eine Einladung warten, auch etwas sagen zu dürfen. Auf die nächste Challenge. Hier, bitte schön, du darfst jetzt sprechen. Die auf eine Erlaubnis warten. Ein Zutrittsticket …
Ich sag dir was: Hier, bitte schön! Erlaubnis erteilt (siehe oben).
Und jetzt behaupte dich. Ecke an. Halte das Echo deiner Stimme aus und den Gedanken: OH, das war ja ich! Yeah, das war ich! Geil.
Ich will mehr Content sehen, der nicht um Erlaubnis gefragt hat. Dem es egal ist, was die anderen denken.
4. Schatten und Sinnlosigkeit zulassen
Das klingt bisher alles ziemlich positiv. Die Wirklichkeit ist natürlich nicht so. Lust an der Sprache, Commitment, das geht immer wieder verloren. Es ist nur die halbe Wahrheit.
Die andere Hälfte ist Zweifel, Qual, Schmerz. Lust an der Sprache hat im Gepäck immer das Leiden an der Sprache. Es schmerzt, dass es nur Worte sind. Dass sie oft leer und fahl werden, leblos und du sie nicht wiederbeleben kannst. Dass sie nichts bedeuten, deine Worte. Sie klingen heiser, hohl, sie fallen auseinander. Du kommst dir vor, als könntest du gar nichts.
Shit, denkst du, das sind auch nur Worte, die die Welt nicht braucht.
Fuck.
Du hörst auf, lehnst dich zurück, schaust aus dem Fenster und denkst:
Es ist doch einfach und schwer zugleich.
Die Welt
Braucht
Nur ein Wort
Zur rechten Zeit.
Es macht Mühe, deine Worte aus der Alltäglichkeit zu erheben. Manchmal gelingt es einfach nicht. Die Wahrheit ist, dass du nie nur die Lust haben wirst, sondern immer auch die Mühe.
Kennst du das Gefühl, dass du übervoll bist mit sinnvollen Worten? All das kluge, ja wirklich kluge Gerede. Wow. Alles so bedeutend, wichtige Gedanken, voller Tiefe und Sinn.
Das kann zu viel sein …
zu viel … Bedeutung
zu viel Sinn
zu viele schöne Sätze
zu viel Richtiges
zu vieles, das stimmt
Es ist alles so bedeutungsschwer, bedeutungsschwanger sagt man. Dann habe ich so eine seltsame Sehnsucht nach leeren Worten. Nach schön leeren Worten, die wie ein Windspiel klingeln. Wie ein Klang, wie ein Kinderlied, ein Gedicht. Ein sinnloser Reim, der bedeutet und doch nicht bedeutet.
Sinn finden und wieder verlieren. Das ist heilsam.
Ich möchte mehr Content sehen, der sich vom Zwang befreit, bloss etwas Richtiges und Bedeutendes zu sagen.
Ich möchte Schweigen, ein Lied aus tonlosen Silben.
Eine Sinnwüste, leer, so weit das Ohr horcht.
Nichts, was trüge
Nichts, was bedeute
Und das Ohr hat wieder was zu hören. Das Ohr entspannt sich.
Das Commitment, das ich meine, das Aufstampfen und dir dein Rederecht nehmen, das tut deshalb auch dieses, wenn es nötig ist: Sinn zerschlagen. Worte zum Schweigen bringen. Alles Sinnvolle und Kluge vernichten.
Das Commitment zu reden, auch wenn nichts zu sagen ist, gibt der Leere ihren Raum. Es würdigt die Sinnlosigkeit und die Schatten. Es findet für alles einen Ausdruck.
Weiche nicht aus. Geh weiter, ein Held auf dem Weg zu einem Ziel. Das ist wichtiger als ein gutes Gefühl und als nette Kommentare.
Unser inneres Jenseits ist verwirrend
Wenn du auch das Sinnlose in Worte fassen kannst, wenn deine Sprache so in dir lebendig hast, vollständig und ohne Angst, dann wird etwas sichtbar, was wirklich verbindet. Dann vergisst du, „Nützliches“ oder „Wertvolles“ zu reden. Du wirst wahrhaftig. Einfach echt.
5. Was ist dein Wunschcontent für 2019?
Nimmst du den Faden auf und führst diesen Artikel fort? Was brauchen wir deiner Meinung nach in den Contentkanälen im Jahr 2019?
Was sind deine Wünsche und Tipps für eine lohnende Kommunikation in 2019. Was ist jetzt wirklich nötig?
Ich lade dich ein, dazu einen Artikel zu schreiben oder ein Video zu erstellen. Ich freue mich, wenn du meinen Artikel dort erwähnst. Und deinen Beitrag dann hier in den Kommentaren verlinkst. Ja, das ist eine Blogparade!
Ende Februar werde ich alle Beiträge sichten und dann etwas als Zusammenfassung machen. Ein Video vielleicht. Darauf habe ich Lust!
Machst du mit? Ich freue mich drauf!
Herzlich, deine Friederike
P.S.: Das Foto oben zeigt die Teilnehmerinnen eines Workshops in Zürich. Da sind so tolle Texte entstanden, genau so etwas möchte ich mehr lesen! Traut euch! Auch die Männer natürlich, traut euch!
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