Ihr kennt sie sicher auch, die Flut an Artikeln, Büchern, Posts, Bildchen, Videos, Webinaren etc. pp. zum Thema Mindset. Ist ein trendiges Thema, vor allem mit so einem trendigen Namen, aber eigentlich ist es nichts anderes als das, was ich mein Leben lang schon kenne: Es geht um Glauben.
Wie ihr wisst, bin ich Christin und Theologin und weil heute Gründonnerstag ist, morgen Karfreitag und am Sonntag Ostern, passt das eigentlich perfekt. Denn ich wette, unter den LeserInnen dieses Posts sind einige, die vom Wort “Mindset” total angezogen waren, aber sobald es um Glauben und Kirche und Jesus und Tod und Karfreitag geht, sinkt die Laune rapide.
Bleibt mal bitte dabei. Lest mal noch ein bisschen weiter. Lasst euch ruhig ärgern, aber geht trotzdem nicht.
Wenn ich weiter bereit bin, nicht einfach hübsche und harmlose Sätze auszuwählen, die mir keinerlei Unbehagen bereiten, sondern mich wirklich herausfordern zu lassen von solchen Sätzen, die mich stocken lassen, den Atem nehmen, wie “Alles ist möglich”, “Ich bin verantwortlich für alles, was in meinem Leben passiert”, die also eine echte Veränderung bedeuten, liesse ich sie wirklich in meine DNA einsinken –
Warum bin ich dann so schnell dabei, eine Botschaft wie die jahrhundertealte von Ostern einfach abzutun? Karfreitag, da geht es doch nur um Knechtung des Menschen in Schuld, um ein Suhlen im Leid. Ostern, das ist doch ein Witz, ein Märchen. Die Kirche – welche auch immer – ist doch ein einziger Lug und Trug.
Ich kenne die Schwächen meiner Kirche. Das ist geschenkt. Und auch ich konnte die meiste Zeit meines Lebens nicht wirklich etwas mit Karfreitag anfangen. Ich bin seit meiner frühesten Kindheit vertraut mit der Botschaft von Ostern und bis vor vier Jahren fand ich allein den Sonntag schön und erhebend – Auferstehung! – aber Karfreitag einfach schrecklich. Es ist leicht, sich abzuwenden von einem, der am Kreuz hängt. Das ist kein Kunststück.
Als ich vor vier Jahren kurz vor Ostern die bisher grösste und radikalste Veränderung in meinem Leben erlebte, ich durch intensivte Trauer und Schmerz und Zweifel und Angst ging, da war Karfreitag plötzlich anders. “Durch den Tod zum Leben” gewann einen Sinn, mehr gefühlt und geahnt als intellektuell verstanden. Jahr für Jahr fühle und denke ich dem nach, wie das sein kann, dass ein Tod Befreiung ist. Dass Sterben sein muss, um zum Leben zu gelangen. Dass alles hinzugeben und loszulassen, unverzichtbar und unvermeidbar ist, willst du wirkliche Fülle.
Und noch mehr: Ich selbst kann mich nicht wirklich verändern, ich kann mir diese Fülle nicht schenken, ich kann mich nicht darauf programmieren. Ich habe vielleicht manchmal das Gefühl, das sei so. Aber doch ist alles geschenkt.
Kann ich das glauben, dass sich Gott an mich verschenkt? Und dass er dafür durch den Tod gehen muss? Dahin, wo ich ihn ablehne, indem ich hartherzig und egoistisch und brutal bin?
Die Botschaft von Karfreitag und von Ostern ist zu stark und zu tief und zu wichtig, um sich von Erfahrungen mit der Kirche oder Meinungen über die Bibel oder was auch immer, davon abhalten zu lassen. Es ist exakt dasselbe wie mit einem produktiven Mindset. Lässt du dich allein von der Person, die dir davon erzählt, so sehr beeinflussen, dass du alles daran verwirfst?
Nimm doch mal einen Satz wie “Jesus ging für mich in den Tod” und schmecke ihn, teste ihn, fühle den Widerstand, geh wirklich hinein, nur für dich. Unglaublich?
In der Tat.
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